Was ist Frühförderung
Frühförderung ist ein niedrigschwelliges Förderangebot für Kinder mit (drohender) Behinderung, aber auch vorbeugende Unterstützung für Kinder mit Entwicklungsbeeinträchtigungen und ihre Familien.
Sie richtet sich als gesetzlich angebotene spezielle Hilfeform an Kinder im Vorschulalter, also ab Babyalter bis zur Einschulung, und bezieht die Familien in die individuelle Frühförderung des jeweiligen Kindes ein. „Mit den Eltern für das Kind…“ beinhaltet das familienorientierte Arbeiten in der Frühförderung.
Seit wann gibt es Frühförderung?
Frühförderung war zunächst ein Teilgebiet der Sonderpädagogik. In den 50-er Jahren wurde in der Bundesrepublik die Schulpflicht für behinderte Kinder eingeführt. Anfang der 60-er Jahre entstanden Sonderkindergärten für Kinder ab 3 Jahren, die sich ca. 10 Jahre später teilweise zu integrativen Kindertagesstätten entwickelten. Diese Kindertagesstätten arbeiten mit besonderen Konzepten für Gruppen, in denen Kinder, die besonderer Aufmerksamkeit und Förderung der Erzieherinnen bedürfen, zusammen mit unbeeinträchtigten Kindern spielen, lernen und gefördert werden.
Schon bald nach Entstehung der Sonderkindergärten erkannte man, dass für diese Kinder bereits im Kleinkindalter eine familienorientierte Frühförderung wichtig ist. So entstand Ende der 60-er Jahre Frühförderung als aufsuchende („mobile“) heilpädagogische Maßnahme, die die Kinder in ihrem familiären und häuslichen Umfeld aufsucht und je nach erkannten Entwicklungsdefiziten gezielt über das Spielen fördert. Eine gesetzliche Verankerung und finanzielle Regelung fand diese neue Form heilpädagogischer Hilfen im damaligen Bundessozialhilfegesetz (BSHG) als Eingliederungshilfe „für behinderte und von Behinderung bedrohte Kinder“. Da manche der Kinder neben heilpädagogischen Maßnahmen zusätzlich medizinisch-therapeutische (Logopädie, Ergotherapie, Physiotherapie) Behandlung brauchten, hat sich diese Hilfeform von Beginn an gezielt als „interdisziplinäre Frühförderung“ entwickelt.
Welche Kinder brauchen Frühförderung?
Frühförderung ist sinnvoll und notwendig, wenn Kinder anders als gleichaltrige Kinder wirken oder sich verhalten. Sie kann aber auch schon vorbeugend einsetzen, wenn durch irgendwelche Ereignisse ein Entwicklungsrisiko besteht (z. B. Frühgeburt, Geburtsprobleme, Krankheiten, Unfälle) und Eltern zur kindlichen Entwicklung Beratung brauchen.
Im Folgenden sind beispielhaft Kinder beschrieben, für die Frühförderung hilfreich wäre:
- Kinder, die z.B. vorwiegend mit sich selbst beschäftigt sind und schwer mit anderen Kindern oder Erwachsenen in Kontakt kommen
- Kinder, die sich unbeholfen bei der „Entdeckung der Welt“ benehmen, die nicht „spielen können“
- Kinder, die Probleme mit einfachen Bewegungen, dem Greifen, der Handhabung von Gegenständen haben
- Kinder, die den Eltern unerwartete Schwierigkeiten machen, sich in einem nicht nachvollziehbaren Ausmaß ärgern, trotzig sind, bocken, die vorwiegend aggressiv reagieren
- Kinder, die scheinbar keinen Zugang zum einvernehmlichen Spiel mit anderen Kindern finden
- Kinder, die aus unmittelbaren Erfahrungen kaum zu lernen scheinen und auch von den Eltern nur schwer durch Anregung oder Konsequenzen zu beeinflussen sind
- Kinder, die wirken, als würden sie in einer anderen Welt leben, aus der sie heraus nur selten Kontakt zu anderen Kindern und Erwachsenen aufnehmen
- Kinder, die große Probleme haben, ihre Aufmerksamkeit auszurichten und auch nur einen einfachen Sachverhalt zur Kenntnis zu nehmen
- Kinder, die ohne Unterbrechung in Bewegung und Aktion sind und dadurch ständige ungeteilte Aufmerksamkeit fordern und so ihre Eltern und Umgebung überfordern
- Kinder, die Beeinträchtigungen in der Wahrnehmung haben: Sie scheinen nicht richtig sprechen zu können. Hören sie richtig? Sie verhalten sich oft „tollpatschig“ und scheinen einiges nicht mitzubekommen. Sehen sie richtig?
- Kinder, die nicht gut und gerne malen
- Kinder mit geistigen, motorischen, Seh- und Hör-Beeinträchtigungen oder Behinderungen, mit Sprech- und Sprachstörungen, mit körperlichen Fehlbildungen oder genetisch bedingten Entwicklungsstörungen
Entsprechende Beobachtungen und Sorgen von Eltern sind in der Regel ein ausreichender Grund für eine genauere Abklärung im Rahmen einer interdisziplinären Diagnostik. Es hat sich gezeigt, dass Eltern sehr sensibel sind für Auffälligkeiten in der Entwicklung ihrer Kinder und dies oftmals als erste wahrnehmen. Erhärtet sich ein Verdacht nicht, trägt die Abklärung zu einer sorgenfreien und entspannten Eltern-Kind-Beziehung bei.